Der Flug war lang und unbequem, das Essen eher sehr schlecht als schlecht und die Hitzeklatsche nach dem Ausstieg in Dakar gab mir fast den Rest.
Mit ordentlicher Verspätung kamen wir mitten in der Nacht, gegen halb drei, aus dem Terminal. Temperatur 28° C, Luftfeuchtigkeit 70 %. Vorab kein Geld eingetauscht zu haben (ein Euro ~ 650 Senegalesische Franc XCF) war doch keine so gute Idee gewesen, denn die erwartete Wechselstube blieb aus. Nur wie sollten wir dann das Taxi zum Hotel zahlen, falls es denn wirklich draußen stand. Auf meine Email Anfrage zwecks Reservierungsbestätigung und Abholen kam jedenfalls keine Antwort. Der Verkäufer im einzigen „Shop“ des Terminals meinte nur ich sollte draußen umtauschen. Draußen? Aha? Wird wohl da ´ne Wechselstube sein.
In dem hektischen Gewusel von Ankommenden und noch hektischeren Kofferträgern bahnten wir uns den Weg zum Ausgang. Großer Rucksack auf dem Rücken, kleiner rechts (mit Laptop, Kamera und dem ganzen elektronischen Zeugs für die Interviews später). Dahinter noch mehr Menschenmassen. Ein Absperrgitter links von dem aus dich die Leute wie aus dem Gefängnis anschauen. Mit viel Gepäck reise ich sehr ungern, wenn es wertvoll ist noch ungerner und wenn es heiß, stickig, spät ist, man nachts von einer Menschenmenge umringt ist, in der dir jeden Moment die Seitentasche geöffnet werden könnte, noch viel ungernerer!
Es ist laut. Jeder redet auf dich ein, schaut dich an (zumindest kam es mir in dem übermüdeten Zustand so vor). Kurz hinter dem Ausgang noch ein Absperrzaun, Menschen mit Schildern stehen dort. Hotel dies, Hotel das … Hotel les Mamelles! Ah, das is´es. Ich hatte nicht mehr mit dem Abholservice gerechnet, dass doch jemand kam war mehr als erfreulich. Mein Name steht nicht drauf, doch er scheint irgendwas von meinem unverständlichen französischen Gebrabbel verstanden zu haben. „May?“. „Vous êtes May?“ … Gehetzt rief ich ihm über den Zaun, dass ich noch Geld wechseln müsste. Die Antwort verstand ich nicht, aber er wank uns an die Seite um auf zwei andere zu warten. Wir gingen am Zaun vorbei, da kamen schon die ersten zwei „Geldwechsler“ auf uns zu. Hatte der Hotelmensch die bestellt? Wir gingen etwas hinter die Menschenmenge. Melli nahm ich gar nicht so wirklich war, die anderen zwei texteten mich unaufhörlich von der Seite zu… „blabla … changer … bon prix…“… während der Hotelmensch mich schief anschaute, aber auf meine Frage ob es denn in Ordnung sei hier zu wechseln nichts sagte … „combien d`euro? … combien d`…..“ Diese Reizüberflutung nach so einem Tag war dann wohl zu viel. Wie benebelt stand ich und gab den zwei freundlichen Ich-AG Geldwechslern fünfzig Euro. Mit dem letzten Rest klarer Gedanken fiel mir noch der Taschenrechner-Trick ein und ich ließ ihn mir mindestens fünfmal den Kurs vorrechnen. Fünzig Euro zu 655 CFA je Euro macht 32000 irgendwas abzüglich 1% Komission, also 29000 und ein paar … schien mir in Ordnung zu sein. 1% Kommission? Wird schon passen. Das nachzurechnen, dazu war ich nicht mehr in der Lage. Der Kreislauf hatte sich irgendwo in meinen Schuhen versteckt und bevor dieses seltsame heißkalt/dunkel/Übel-Gefühl sich ausbreiten konnte steckte ich meine hart umkämpften ersten senegalesischen Franc ein, nahm den Rucksack von den Schultern und setzte mich auf eine kleine Mauer…
…nach ein paar Minuten hatte mich die Welt wieder. Als nächstes kam Ndongo, der schon angesprochene Hotel-Taxifahrer und ärgerte sich darüber, dass ich bei dem erstbesten Geld gewechselt und soviel Kommission gezahlt hätte. Wir hätten ihn auch mit Euro bezahlen können. „Ahja! Und wieso hat er mir das nicht vorhin gesagt und mich nur die ganze Zeit mit dem Ellenbogen angestupst?“, dachte ich mir. Er brachte uns zu seinem … äh … naja … „Auto“ (s. Bild) auf dem Parkplatz und ärgerte sich immer noch (über mich). Dann standen wir vor seinem „Auto“, warteten auf drei andere Gäste und Ndongo … ja genau. Oder ärgerte er sich vielleicht nicht über mich, sondern darüber, dass der andere und nicht er die Kommission einsacken konnte. Dafür sackte er erstmal fünf Euro für den Parkplatz ein (wie viel es wirklich kostet werde ich dann in Acht Wochen nachfragen). Die Fahrt, nochmals 10000 Franc (Wucher!... aber wie gesagt, zum Denken/Feilschen war ich zu fertig) dann Duschen, auf´s Bett, alle Viere von sich strecken und hoffen, dass es morgen besser würde…
Gut, über den Flug wurde schon genug geschimpft, ich war schon einigermaßen darauf eingestellt, weil ich bereits das „Vergnügen“ hatte, mit TAP Air zu fliegen. Aber ich muss schon sagen, das Sandwich hat die wildesten Alpträume an Flugzeugessen getoppt. Und EINE Verspätung hätte auch locker gereicht…
Die Ankunft in Dakar war einfach nur Reizüberfluthausen. Das mit dem Geldwechseln hab ich in dem Moment gar nicht so recht umrissen und dachte, zwei Menschen wollen dem Heiko ein billigeres Taxi andrehen als unseren Abholservice (der zu meinem Erstaunen tatsächlich existierte und auch noch „May“ auf seinem schäbigen Wisch zu lesen war!) Als ich dann merkte, um was es wirklich ging (als der Heiko plötzlich nen Fuffi zückte), hab ich nur mal so bemerkt, ob er das tatsächlich jetzt auf der Strasse wechseln will?! Aber ich war aus den tausend Eindrücken, die da auf ihn niederprasselten, aus seinem Hirn ausgefiltert. Der arme Heiko wurde aber auch wirklich von allen Seiten massiv belagert, ich stand da als Frau weit weniger im Interesse der Tourifänger und wurde nur am Rande der Mauer abgestellt, „Wait here!“
Im Nachhinein war es wohl gar nicht so wild, da die Banken hier anscheinend einen schlechteren Kurs haben als die Ich- AG`s…
Und so wie unser Chauffeur uns das Geld aus den Taschen gesaugt hat, hat er den Heiko wohl hauptsächlich deshalb zur Sau gemacht, weil er die Kohle einsacken wollte!
Das Taxi war der Wahnsinn, die Rucksäcke lagen im offenen Kofferraum (ach was, nur Laptop und Kamera…) und wir braven Deutschen suchten natürlich vergebens nach einem Gurt, aber in dem Fall konnte man schon froh sein, einen Boden unter den Füßen zu spüren. Die Fahrt war dann auch recht holprig, aber irgendwie hatte ich doch so was wie Vertrauen in den Fahrer.
Das Hotel war eigentlich sehr gut, sauber und ne ordentliche (man is da viel Chlor drin!!) Dusche, juhu!! Nachdem ich mich durch diese etwas erfrischt hatte, gings endlich ins Moskitonetz-präparierte Bett.
Ich schlief zwar nicht sonderlich lang, dafür aber eigentlich recht gut. Beim Frühstück mit Baguette, Nescafé und Marmelade (hm…naja…) trafen wir dann Hal. Ziemlich souveräner Zeitgenosse, war auch schon diverse Male in Afrika und weiß ganz gut wie die Leute ticken.
Hal, der, wie sich später herausstellte, für die Weltbank arbeitet, fragte ob wir schon einen Plan hätten – hatten wir natürlich nicht. Französisch reden konnte er als Kanadier perfekt und hatte schon mit Paco und Ndongo, die zwei vom Hotel, eine Dakar-Tour ausgemacht. „Ich hab keine Ahnung, was uns da erwartet. Sie zeigen uns Dakar und danach bleiben wir wohl bei seinem Bruder“, war seine Beschreibung davon. Klang interessant und Alternative gab´s auch keine. Gleich nach St. Louis in den Norden Senegals zu fahren erübrigte sich, da die Busse nicht im Einsatz waren. Heute, also Montag der 23. Oktober, war das Ende des Ramadan. Alles feiert, kaum Leute auf den Straßen, alle Geschäfte zu.
Also . . . die schönste Stadt ist Dakar nicht. Besichtigen . . . ja mei . . . da is dann halt so ein Platz der Liberté, ein Regierungsgebäude mit rot gekleidetem Wachposten davor, ein Hafen mit ´nem großen Kreuzfahrtschiff, Tourimärkte mit Schnitzerein, Kleidern usw. (zuuufällig hielten wir bei dem Schuppen von Pacos Cousin oder Verwandten an…). Nach einem kurzen Abriss der Geschichte Dakars („…this is xy, a traditional part of the city … here is zx, a very old and traditonal part of the city ….“ – Aha!) brachte uns Ndongo zu dem Haus von Paco´s Bruder, wo wir bis nachmittag blieben.
Wir fuhren mit ihm, unserem guten alten Freund, dem Taxifahrer Ngdogo oder so und Paco, noch so ein Mensch, der da abhängt, in die Stadt, auf eine Art Sightseing Tour. Eine große Straße, die teils aus rotem Sand und teils ausTeer besteht führte uns vorbei an Slums- viele Menschen, viel Müll, Gestank und Staub. Die Sehenswürdigkeiten waren ein paar wichtige Gebäude, naja, da erwartet man ja auch nicht viel Spannendes. Bei den Freunden von Paco, wurden wir durch einen Markt geführt und ich musste ein paar Mal betonen, dass ich kein Riesengewand brauchen könne, ich dafür viel zu klein bin und in meinem Rucksack eh kein Platz dafür wär…na gut, also in die „Galerie“. Das war eine kleine Kammer in einem Hinterhof, wo ich eintreten sollte. Mist, in der Falle! Konnte so auf engem Raum, nur ich und der „Künstler“ schwer sagen, dass ich jetzt eigentlich wirklich um alles in der Welt grad keine selbergeschnizte Holzfigur gebrauchen kann. Als ich das versuchte, spielte der nämlich gleich den Beleidigten, und ich suchte das Kleinste, was er zu bieten hatte…ein Hippoppodamme, bei dem die Nase so groß ist wie der Körper…5 Euro und ich durfte wieder raus…puh, jetzt war Hal dran, und kam mit drei Affen wieder raus.
Danach gings zu Pacos Brüdern, wo wir recht herzlich empfangen wurden. Wir bekamen aufwendigst zubereiteten senegalesischen Tee kredenzt. Dazu gab`s einen süßen Brei, auch lecker, irgendwas aus Erdnuss, Schoko, Rosinen…
Später bekamen wir noch Lamm mit Nudeln, auch sehr gut…aber „eingeladen“ waren wir in dem Sinn natürlich nicht, später, als wir schon wieder im Hotel waren, richtete Hal uns noch von Paco aus, mit dem er am Flughafen waren, wie viel wir noch zahlen müssen. Aber ist ja auch in klar, außerdem wars echt lecker und traditioneller geht’s auch kaum!
Ein Tag Dakar genügte uns für´s erste. Dienstag wollten wir früh am „Busbahnhof“ sein um nicht zu spät in St. Louis anzukommen. Gegen halbacht standen wir vor unserem Minibus, ein weißer Mercedes-Lieferwagen mit 16 Sitzen hinten. Alternative dazu wären die sog. „sept place“ Taxis. Kombis die im Kofferraum noch eine Sitzbank haben und Platz für sieben Mitfahrer haben. Die sind schneller, aber auch teurer. Wir waren die ersten in unserem Minibus, nahmen vorne Platz und eine Stunde später, als alle Plätze besetzt waren, ging´s los. Im Vergleich zu den Horrorgeschichten die wir uns am Tag zuvor im Hotel ausgedacht hatten war´s doch eher unspektakulär. Keine stundenlanges Warten in der Sonne, keine Menschenmassen die sich um die Kunden streiten. Erstaunlicherweise hat es die meisten nicht interessiert, ob sie Touristen oder Senegalesen fahren. Um den Preis, 2750 p. P., gab´s auch keine Gefeilsche und die fliegenden Händler gaben sich mit einem „No, merci!“ zufrieden.
In Saint Louis angekommen, war ich dann ziemlich erleichtert, dass es nicht ueberall so haesslich ist, wie in Dakar. Es ist ein ziemlich gemuetlicher, schoener Ort, wo die Kinder uns auf der Strasse antanzen, mei suess! Das Geldumtauschen war ne ziemliche Herausforderung, doch letzendlich gings dann doch irgendwie. Am Abend gabs dann endlich die erste Gazelle, leckeres und grosses einheimisches Bierli!
PS: Internet ist ziemlich lahm . . . Fotos gibt's bei der naechsten Gelegenheit.