Diplomarbeit im Senegal

Also, vom 22.10. bis 19.12. sind die Melli und ich im Senegal um dort die Vorarbeit für unsere Diplomarbeit(en) zu leisten. Der Plan bisher: drei Wochen einleben und dann fünf Wochen in dem Projekt Diambars verbringen. Interviews, "teilnehmend beobachten", Infos sammeln usw. Was das dann im speziellen bedeutet erfahrt ihr hier...

Mittwoch, November 29, 2006

Jetzt geht`s los . . .

Fotos: https://fotoalbum.web.de/gast/heiko-may/Senegal_08_Diambars

(Match in Thies am 18, Exkursion am 19., Match in Dakar am 25. und ein paar Fotos vom Training, hier im Institut Diambars)


… mit der Arbeit. Mitte letzter Woche fingen wir mit den ersten Interviews für unsere Studie an. Es lief natürlich nicht alles wie gewünscht (an „geplant“ sollte man gar nicht erst denken…) aber, im Großen und Ganzen sieht’s bisher gut aus.

Das erste (geplante) Interview fand nicht statt. In den zwölf Stunden die zwischen „Zeitpunkt ausmachen“ und „Zeitpunkt wahrnehmen“ vergingen war aus dem Interviewtermin für uns ein Für-Sie-Arbeitstermin geworden und wir verbrachten den Vormittag damit Excel Tabellen zu bearbeiten. Das war Mittwoch Vormittag . . .
Mittwoch Nachmittag machten wir den nächsten Termin aus für Donnerstag, douze heures, 12 Uhr. Wir waren schon gegen 11 Uhr in dem Zimmer welches wir dafür ausgesucht hatten und bereiteten alles vor. Mikro, Laptop, Programm öffnen, Aufnahme testen, nichts vergessen? Anschließend gingen wir nochmals den Leitfaden für das Interview durch und warteten.

Und warteten.

Und warteten.

Und warteten.

Und warteten.

Und das ging so weiter bis drei, dann griff ich zum Telefon und rief den Trainer an. „Ah, ja, tut mir leid, ich musste was zum reparieren bringen und das dauerte länger …. Bin gleich da…“

Kurz nach vier ging’s doch noch los und wurde ein recht gutes Interview über knapp 40 Minuten. Wir schnappten uns gleich den nächsten Trainer und setzten einen weiteren Termin für Freitag, 10 Uhr an.
Freitag nachmittag, nach vier Stunden Warten, sagte dieser nach dem Mittagessen wieder ab, da er noch andere Sachen vorbereiten müsse . . . dafür sprang glücklicherweise ein anderer ein, so dass wir bisher zwei Gute Interviews und von Dienstag ein ziemlich unbrauchbares haben. Doch das ist nur der Anfang.
In den nächsten zweieinhalb Wochen kommen noch ein oder zwei Lehrer dazu, der „Schuldirektor“ und etwa 10 bis 15 Interviews mit den Spielern.

Heute lief’s dann andersrum. Der Lehrer war pünktlich, aber der Strom kam zu spät, bzw. war noch nicht da. So ein bis zweimal die Woche gibt’s keinen Strom und/oder kein Wasser. Die Aufzeichnung auf Kassette mit dem Diktiergerät brach glücklicherweise nach zehn Minuten ab, da die Batterien leer waren (das extra für diesen Fall mitgenommene Netzteil half mir in dem Moment auch nicht weiter…). Die Qualität war nämlich ziemlich sch…lecht, nur Rauschen und ab und zu ein paar französische Brocken. Also verschoben wir das ganze auf …. „wenn der Strom wieder da ist ….“ und im zweiten Anlauf ging alles klar.

Davon, wie viel Arbeit wir in Deutschland noch vor uns haben, bekommen wir erst jetzt einen wirklichen Eindruck. Die Interviews müssen alle noch abgetippt, transkribiert und analysiert werden und wenn das geschafft ist (in ein bis zwei Monaten) bleiben immer noch die restlichen Teile der Diplomarbeit. Um die 40 Minuten des ersten Interviews abzutippen benötigten wir ca. 15 Stunden, und das war nur der erste, grobe Durchgang . . .

Ein wenig Abwechslung tut da ganz gut, auch wenn’s nur aus in den „Supermarkt“ gehen und Essen kaufen das nichts mit Reis oder Couscous zu tun hat besteht.
An den Strand von Saly hat’s uns bisher nur einmal verschlagen. Das reicht auch! Außer den Temperaturen und der Sonne fanden wir keinen Grund noch mal dorthin zu gehen, zumindest nicht nachmittags. Eine Hotelanlage (nicht die großen, eher so Flachbau) schließt sich an die andere und am Strand bzw. im Dorf kann man keine zehn Meter gehen ohne von nervtötenden „Freunden“ angesprochen zu werden. Dazu noch weiße Walrösser älteren Jahrgangs die auf ebenso weißen Plastikliegen in der Sonne schmoren. Die meisten davon sprechen Französisch.


Viel angenehmer und interessanter war dagegen die Exkursion zu den Kalkfelsen am Sonntag nach dem Match in Thies (19.11.). Im Rahmen des Erdkundeunterrichts fuhr eine Klasse zu einem nahe gelegenen Naturreservat um die zuvor im Unterricht besprochen Bodenformen und Gesteinsarten live zu erleben. Wir drei (Anne war auch dabei) durften mit und lernten auch noch was dazu.

Kurzum, wir sind immer noch sehr zufrieden hier und die freundschaftliche Atmosphäre macht auch vier Stunden zu spät kommen, bzw. den Termin völlig vergessen wieder gut. Je mehr wir in den Interviews über dieses Projekt erfahren, umso mehr sind wir davon begeistert. Es existiert zwar schon seit 2003, aber was heute hier steht ist erst der Anfang. Das „Diambars-Team“ hat noch viel vor …

Mittwoch, November 22, 2006

Nachtrag, Touba - Kaolack -

Fotos: https://fotoalbum.web.de/gast/heiko-may/Senegal_07

Samstag, 04.11.2006, Touba

Hot, veeery hot war´s in Touba. Und wenn man dann als weibliches Wesen dann auch noch einen langen Rock über die- um keine bösen Blicke zu ernten- lange Hose umgebunden bekommt, zudem ein Tuch in die Haare und die Arme natürlich auch versteckt,, dann ist veeeeeeeery hot, veeeeeeeery untertrieben…

Warum nennt man Touba die heilige Stadt? Die kurze Antwort ist: weil der wohl bekannteste muslimische Führer, …. Bamba…, dort geboren wurde. Wer genaueres darüber wissen will, einfach den Namen bei google eingeben, da findet sich bestimmt genügend. An einem Feiertag pilgert dann das ganze Land hin, wobei der gesamte Verkehr vollends lahmgelegt wird, weil das „Verkehrssystem“ hier für so was einfach nicht gemacht ist.

Samstag Vormittag kamen wir irgendwann am gare routière („Busbahnhof“) von Touba an.

Erstmal Brotzeit, oder besser Fruchtzeit vor der Bank, dann ein Taxi zur Moschee. Ohne Führer geht da leider nichts, war aber wirklich sehr schön, hat sich also gelohnt, auch wenn ich herzlich wenig von dem verstanden hab, was er erzählt hat. Ich war hauptsächlich damit beschäftigt, irgendwie mit dieser Hitze unter meinen Klamottenschichten zurechtzukommen…

Draußen trafen wir dann mehr oder weniger zufällig Jessi und Nicole, die mit ihrem Nachbarn, der sichtlich etwas nervös war, weil schon ein Tag kein Tetrapack- Wein zu sich genommen, unterwegs waren. Gekleidet in geborgten muslimischen Gewändern, ein lustiger Anblick!

Nach einer kleinen Rast auf einem hässlichen stinkendem, aber Hauptsache schattigen Platz, fuhren wir recht bald weiter Richtung Kaolack. Dort quartierten wir uns in einer katholischen Mission ein, sehr spartanisch eingerichtete Zimmer, aber irgendwie trotzdem schön und günstig.
Da war grad irgendein Jugendgemeindetreffen, und es wurde fleißig gesungen und „gedjembet“ (da brauchte man sich dann auch gar keinen Wecker zu stellen…).
Als wir vom Abendessen zurückkamen, wurden wir mal wieder zu senegalesischen Tee und „Ideenaustausch“ geladen, auf der Strasse vor der Mission.
Endlich mal einer, der nicht der Meinung war, in Europa ist alles besser und man muss als Senegalese alles tun, um dort hinzukommen.

So, 05.11.

Am nächsten Morgen schlenderten wir noch kurz über den Markt, vorbei an einer sonderbaren splitterfasernackten Alten, noch schnell ein Klo der ziemlich widerlichen Sorte besucht, und weiter nach Tamba. Hm ja, da gabs ein billiges, aber gutes Hotel (mit warmer Dusche!!) und geschlossene Restaurants. Bis auf eins und da gabs nur noch Omelette und Burger…ja das war`s.

Ganz so schnell ging der Tag dann doch nicht vorbei. Das Frühstück war diesmal typisch Senegalesisch. In einem kleinen restaurant bekamen wir für ca. 50 Cent ein Stück Baguette mit Butter und ´nen pappsüßen Kaffe. Das könnte man wohl als traditionelles Frühstück bezeichnen, zumindest nachdem die Fanzosen ins Land kamen.

Von besagtem „Busbahnhof“ ging´s dann Richtung Tambacounda. Raus aus der Stadt und rauf auf den Highway to hell. Touba ist die heilige und Tamba die heißeste Stadt Senegals. Die Fahrt dorthin kann man dabei sicherlich mitzählen. Für die längste Strecke (ca. 5 Stunden) unserer Rundreise wollten wir uns gleich die mittleren Plätze im Sept-Place sichern um wenigstens einigermaßen bequem zu sitz(schwitz)en. Daraus wurde leider ein Satz mit x und wir landeten im hintersten Abteil, dort wo man die Fenster nicht öffnen kann. Kann´s noch schlimmer kommen? Natüüürlich . . . wenn´s den drei Damen und Herren vor dir zu sehr windet und sie daraufhin die Fenster zumachen! In der Mitte kommt dann immer noch ein Lüftchen von den vordern Fenster an. Auf den hinteren Plätzen allerdings nicht, dort setzt dadurch der Saunabetrieb ein . . . nächster Aufguss: Moschusmief!

Der Linksaußenplatz war für mich etwas unvorteilhaft. Nach etwa zwei Stunden Fahrt über Schlaglöcher in Autoreifengröße bemerkte ich schon nicht mehr wenn mein Kopf wieder gegen das Dach knallte. Wie oft das passiert sein muss wurde mir dann erst im Hostel in Tamba klar, als der Schädel pochte und ich meine Wirbelsäule ächzen hören konnte.

Donnerstag, November 16, 2006

Diambars – die ersten Tage

Die Fotos dazu:

https://fotoalbum.web.de/gast/heiko-may/Senegal_06

Sieben mal die Woche Training, Unterricht von 09 bis 12:30 und 14:30 bis 16:30, Hausaufgabenbetreuung von 20:30 bis 21:30, Zapfenstreich um viertel nach Zehn. So schaut´s aus hier.

Einfach wird´s den 85 Jungs nicht gemacht. Das Training ist Montag bis Freitag von 17 bis 19 Uhr, Dienstag und Mittwoch zusätzlich von 06:30 bis 08 Uhr. Spiele finden an den Wochenenden statt. Fünf Mannschaften gibt´s und dazu jeweils ein Trainer, sowie noch einen Torwarttrainer. Die jüngsten sind dreizehn, die ältesten17. Mit 18 Jahren müssen sie das Institut Diambars verlassen. Was danach kommt ist für die meisten schon klar: „… irgendwo in Spanien oder Frankreich in einer Mannschaft spielen …“.

Das Ziel von Diambars ist es aber, ihnen auch eine gute Ausbildung zu ermöglichen („Champions in football and life“), falls der Traum von der Fußballerkarriere nicht so läuft wie geplant. Meiner Ansicht nach sehen das Training und die Spiele dabei schon ziemlich professionell aus. Das Spiel ist sehr schnell, die Pässe kommen an und werden von den meisten ohne Probleme sehr gut angenommen und immerzu wird mit dem Ball getrickst. Dass sie dabei auf einem staubigen Sandplatz spielen und der Ball immer mal wieder über die Steine holpert scheint ihnen schon nichts mehr auszumachen.

Dennoch ist klar, dass nicht jeder ein Fußballstar werden kann. Die von Diambars anvisierte Quote liegt bei etwa 30 Prozent. Die Schulausbildung die sie hier erhalten lässt ihnen auf jeden Fall noch viele andere Möglichkeiten offen. Anders als in den meisten Schulen im Senegal, die Klassen mit 50 oder 70 Kindern haben, liegt der Durchschnitt hier bei acht oder neun. Die größte hat 18, die kleinste 4 Schüler.

Obwohl das Projekt erst seit drei Jahren existiert und immer noch im Aufbau ist hat es sich schon bei vielen Organisationen einen Namen gemacht. Es gibt Austauschprogramme mit Frankreich, Spanien und Norwegen, wo jedes Jahr Turniere stattfinden. Adidas ist einer der Hauptsponsoren, was man vor allem an der Kleidung der Kids merkt. Trainingssachen sind obligatorisch, mal in Blau, mal in Rot oder Grau.

Derzeit findet eine Trainerfortbildung statt an der 25 Trainer aus ganz Senegal teilnehmen. Viele davon haben selber eine Fußballschule. Geleitet wird das ganze von Rupp Klein vom niederländischen Fußballbund in Zusammenarbeit mit der Mathare Youth Sports Association (www.mysakenya.org). Deren Mannschaft hat bei der streetfootball WM in Berlin dieses Jahres den ersten Platz erlangt und gegen das Diambars Team im Halbfinale gewonnen.

Viele bekannte Fußballgrößen unterstützen das Projekt ebenfalls, Patrick Viera war schon hier und heute Mittag kam Bernard Lamar an, der auch einer der drei Chefs von Diambars ist.

Wir sehen uns diese Woche erstmal alle Klassen an, machen fleißig Notizen, überlegen uns wen man wann was fragt und sind ständig damit beschäftigt neue Leute kennen zu lernen. Am Wochenende können wir hoffentlich beim Spiel zusehen und nächste Woche geht´s dann bald mit den Interviews der Direktion, bzw. der Trainer und Lehrer los.

Dienstag, November 14, 2006

Nachtrag – Bei Anne in Thiès


03.11.2006

Es geht auch ohne fließendes Wasser. Das merkten wir in Annes Zuhause, dort gibt´s nämlich keins. Mit leichter Verspätung kamen wir Donnerstag nachmittags in Thiès, der zweitgrößten Stadt Senegals an. Der Kühler unseres Sept-place (alte 507er Peugots, die noch eine dritte Rückbank eingebaut haben und Platz für sieben Mitfahrer bieten) hatte wohl ein paar Löcher. Die mussten unterwegs in einer Dorfwerkstatt geflickt werden. Wie der Fahrer das festgestellt hatte ist mir allerdings ein Rätsel. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Temperaturanzeige funktionierte. Die Tachonadel zumindest zeigte schon im Stehen auf 110 km/h . . .

Bei Anne verbrachten wir zwei gemütliche Tage in ihrer Gastfamilie, die uns sehr freundlich empfing. Wie viele dort genau wohnen war nicht ganz klar, ständig kamen und gingen neue Leute. Sie hat dort ihr eigenes Zimmer in dem wir auch untergebracht wurden.

Bei den Mahlzeiten wird traditionell von einer großen Platte gelöffelt (gute Idee für Studenten WGs). Wir bekamen eine extra, sonst wär´s auch zu voll geworden. Danach sitzt man noch rum, sieht Fernseh oder unterhält sich mit der Familie. Und das wär dann auch schon alles, was man Abends unternehmen kann. Für uns war´s ´ne Superabwechslung, aber man kann verstehen, dass das auf die Dauer – Anne bleibt drei Monate – etwas eintönig wird, so nett die Familie auch ist.

Nach einer ventilatorlosen 30° Nacht gingen wir Freitag morgens zu Annes Arbeitsstätte, einer privaten Schuleinrichtung mit dem schönen Namen Kotti Kotti, Jolli Jolli. Es gibt mehrere Vor- und zwei oder drei richtige Schulklassen. Sie half bei den fünf bis sechsjährigen mit. Die sind zwar süß, sprechen aber alle nur Wolof und kein Französisch, so dass die Einsatzmöglichkeiten für Anne hier auch etwas begrenzt sind. Eine Unterhaltung ist nur mit den Lehrern möglich. Eine Stunde lang war das ganz nett, wurde dann aber auch bald langweilig, so dass wir die restlichen drei Stunden lieber im Gartenstuhl unter dem Baum verbrachten.





Nachmittags wurde der Plan für die große Reise geschmiedet . . . dass nicht alles wie geplant laufen würde war klar, schließlich sind wir ja in Afrika. . .

Erstes Ziel: Touba, die heilige Stadt.

Sonntag, November 12, 2006

On est arrivé

Heute Mittag, nach drei Wochen im Senegal und Gambia, kamen wir im „europäischen“ Teil des Landes an, in Saly. Das Projekt Diambars befindet sich glücklicherweise nicht direkt am Strand, dort wo sich die Touristenhotels aneinanderdrängen und man sich kaum retten kann vor Souvenirverkäufern, sondern vor der Ortseinfahrt . . . rechts.

Hier werden wir die nächsten 5 Wochen verbringen und Infos für unsere Diplomarbeit sammeln. Was dabei rauskommt wird sich dann zeigen, das kann man bei qualitativen Studien wohl nie so genau vorhersagen. Die Fragestellung zielt aber hauptsächlich darauf ab, was der Eintritt, bzw. die Teilnahme an diesem Projekt für die Jugendlichen bedeutet, bzw. was sich dadurch für sie verändert.

Seit unserer Abreise aus St. Louis ist viel passiert, viel zu viel für einen Eintrag. Deswegen werden die einzelnen Stationen unserer Rundreise durch den Senegal und Gambia demnächst nachgetragen, in chronologischer Reihenfolge.

Die Ankunft hier im Projekt markiert aber auf jeden Fall einen großen Einschnitt in diesen acht Wochen im Senegal. Im Laufe der ersten drei Wochen haben wir zwar nicht alles gesehen, aber dennoch einen guten Einblick in das Land und die Mentalität der Leute bekommen. Gut genug um zu erkennen, dass Saly, und auch Diambars - bis auf die Leute - nicht mehr viel Ähnlichkeit mit dem Senegal hat.

Jetzt bin ich erstmal froh „angekommen“ zu sein und ziemlich gespannt auf die nächsten fünf Wochen.